Mirror's Edge Catalyst: Jede Menge Infos zur digitalen Modellierung in Mirror's Edge Catalyst
Was hat ein Bildhauer aus dem 19. Jahrhundert mit dem DICE-Team gemeinsam? Mehr, als man vermuten würde.
Einige Mitglieder des DICE-Teams waren zu einer Auguste-Rodin-Ausstellung im Nationalmuseum von Stockholm eingeladen und haben sich dort mit Kunstfreunden getroffen, um über Charaktererstellung im digitalen Raum zu diskutieren. Und wie es scheint, unterscheiden sich die Werkzeuge, mit denen Faith Connors erstellt wurde, gar nicht so sehr von Ton, Gips und Bronze.
Für alle, die sich nur noch dunkel an ihren Kunstunterricht erinnern können: Auguste Rodin (1840 - 1917) war ein französischer Künstler, der weithin als Vater der modernen Skulptur gilt. Obwohl er anfangs umstritten war und als Außenseiter betrachtet wurde, hat sich Rodin mit zahlreichen Meisterwerken seinen Platz in der Geschichte gesichert.
Ein Jahrhundert später haben sich nun drei der Artists, die bei DICE dafür verantwortlich sind, Faith und die Welt von Mirror's Edge™ Catalyst zum Leben zu erwecken, zwischen Rodins Werken eingefunden: Madina Chionidi (Character Artist), Per Haagensen (Senior Concept Artist) und Emil Nilsson (Animator).
Sowohl Fans von DICE als auch von Rodin hatten die Möglichkeit, dem Studio Fragen über digitale Charaktererstellung zu stellen, und wir haben einige der Themen, die dabei besprochen wurden, zusammengestellt.
Was haben klassische und digitale Modellierung gemeinsam und wie unterscheiden sie sich?
Madina Chionidi: Die digitale Modellierung unterscheidet sich im Grunde nicht sonderlich von der normalen Modellierung. Die Unterschiede sind natürlich, dass man speichern und Dinge rückgängig machen kann – und eine unbegrenzte Menge an "Ton" zur Verfügung hat –, wenn man digital arbeitet.
Außerdem kann man sich bei der digitalen Arbeit einiges vereinfachen. Man kann zum Beispiel eine Gesichtshälfte erschaffen und die andere dann automatisch spiegeln. Anschließend nimmt man an einer Seite des Gesichts oder des Körpers ein paar Änderungen vor, um sie leicht asymmetrisch und somit natürlicher zu machen.
Könnt ihr erklären, was ihr darstellen wolltet, als ihr Faith "modelliert" habt?
Per Haagensen: Ein wichtiger Aspekt war es, Faiths Körperlichkeit, ihre Fähigkeiten, ihr Selbstvertrauen und ihre Einstellung auf dynamische Weise darzustellen, ohne dass sie wie eine Kampfsportlerin oder Superheldin aussieht.
Als ich damit begonnen habe, sie für das Artwork zu modellieren, ging es – neben den realistischen Aspekten ihres Aussehens – vor allem darum, durch ihre Pose so viel Aktion, Spannung und Aufmerksamkeit zu vermitteln, dass die Betrachter neugierig auf diese Person werden (sofern sie sie nicht schon aus dem ersten Spiel kennen). Da sie außerdem reifer als im ersten Spiel wirken muss, war es wichtig, ihr einen konzentrierten Gesichtsausdruck zu geben, in dem sich vielleicht sogar ein wenig Besorgnis über ihre aktuelle Lage zeigt.
Welche Art von Werkzeugen nutzt ihr bei eurer Arbeit?
Per Haagensen: Ich zeichne und modelliere bei meiner Arbeit fast ausschließlich digital, greife aber bei der Ideenfindung gelegentlich auch auf Bleistift und Papier zurück.
Die Software, die wir verwenden, erlaubt es uns, direkt in 3D zu zeichnen, was absolut großartig ist. Früher war die Erstellung von 3D-Modellen ein extrem technischer Prozess – heute kann man einfach loslegen, wenn man eine Inspiration hat.
Emil Nilsson: Bei der Animation setzen wir sowohl auf moderne Technologien als auch auf ältere Lehren wie die 12 Grundsätze der Animation. Wir nutzen einerseits professionelle 3D-Animationssoftware und viel Motion-Capturing, andererseits aber auch Spiegel und Film, um unsere eigenen Bewegungen als Referenz zu verwenden.
Welche klassischen Kunsttechniken und -lehren haben eure Arbeit an Mirror's Edge Catalyst und anderen Spielen beeinflusst?
Madina Chionidi: Ich habe bei DICE Aktzeichnungen angefertigt und dabei zum ersten Mal mit einem realen Modell als Vorlage gearbeitet. Ich bin davon überzeugt, dass mir das hilft, eine bessere Digitalkünstlerin zu werden, und will mich weiter mit "realer Kunst" beschäftigen, um in meinem Beruf zu wachsen.
Per Haagensen: Ich denke, die meisten Künstler, die im digitalen Bereich erfolgreich arbeiten, sind auch in klassischen Techniken ausgebildet. Da wir außerdem noch immer mit einem echten Pinsel/Stift in der Hand arbeiten und dieselben motorischen Fähigkeiten nutzen wie jeder andere Künstler, macht auch in unserem Bereich Übung den Meister. Ebenso lassen sich Aktzeichnen, Vorlagenstudien, technische Anatomiestudien und Perspektivenübungen auf alles anwenden, was wir tun.
Die Techniken, die ich beim Malen einsetze, und die Kenntnisse, die ich dadurch besitze, haben mir den Übergang zur digitalen Modellierung ziemlich leicht gemacht – auch dank der künstlerfreundlichen Interfaces neuerer 3D-Modellierungstools.
Der realistische Stil von Mirror's Edge Catalyst, der spezifische Einsatz spiegelnder Materialien und die exklusiven Designs sind eine echte Herausforderung an die eigenen Fähigkeiten. Das war anfangs beängstigend, hat sich aber am Ende absolut ausgezahlt – sowohl, wenn man sich ansieht, was wir erreicht haben, als auch hinsichtlich dessen, was ich als Künstler gelernt habe.
Vor welchen Herausforderungen steht man, wenn man diese "Skulpturen" durch Animation bewegt?
Emil Nilsson: Wenn man Bewegungen erschafft, muss man sich an die Erwartungen der Spieler anpassen. Während man sich im echten Leben beispielsweise auf einen Sprung vorbereitet, drückt man in einem Videospiel eine Taste und erwartet, dass man sofort springt. Das ist eine der Herausforderungen bei der Animation, und ähnlich wie Rodins Skulpturen müssen wir Bewegungen übertreiben, um sie zu betonen.
Mirror's Edge Catalyst für Xbox One erscheint voraussichtlich am 26.05.2016.
04.01.2016 : Thomas Brüser