Wenn man, wie Electronic Arts, derart große Töne spuckt, dass man die Konkurrenz sicher schlagen werde, dann sollte das Endprodukt doch mindestens in einem Bereich die Nase vorn haben, nicht wahr?! Wenn man sich beispielweise Modern Warfare 2 anschaut, und gezielt Kritik üben möchte, dann doch sicherlich am ehesten an der durch und durch wirren Geschichte. Die ist nämlich so löchrig wie ein Schweizer Käse, voller Klischees und trieft geradezu vor blindem Patriotismus und reichlich Pathos. In diesem Punkt sollte es doch ein Leichtes sein, den thronenden Militär-Shooter zu schlagen. Man erwartet ganz einfach eine reflektierte Darstellung angesichts des äußerst brisanten Hintergrunds. Die einzelnen Missionen in Medal of Honor sind zwar fiktiv, doch der Konflikt am Hindukusch immerhin real.
Die Geschichte und Kultur eines Landes einzufangen, das beinahe 30 Millionen Menschen beherbergt und in dem weit über 100 Dialekte gesprochen werden, ist nahezu unmöglich und für ein Videospiel dieses Genres vielleicht auch nicht notwendig. Doch ist es erschreckend, wie einfach die Entwickler es sich mit Medal of Honor gemacht haben. Eindeutige Positionen und klare Zielsetzungen bestimmen das Geschehen. Das US-Militär stellt die Guten, während alle Bart und Turban tragenden Menschen zur geschichtslosen Masse verkommen und ausnahmslos zum Abschuss freigegeben sind. Das immens hohe Aufkommen der oftmals ziemlich dumm agierenden Feinde vermittelt zudem den Eindruck, ganz Afghanistan sei nur von Taliban- und Al-Kaida-Schergen bewohnt. Im gesamten Spiel trifft man nur auf einen (!) Afghanen, der sich über das Leid beklagen darf, statt blind zu feuern. Doch auch die US-Soldaten sind den Klischees ausgeliefert. Neben blind folgenden Truppen, die Anordnungen mit Kampfgeschrei quittieren, findet man auch noch den aufrichtigen Vorgesetzten und den skrupellosen General im Pentagon.
Auch Gewaltszenen haben ihren Weg ins Spiel gefunden, die manch einer durchaus als geschmacklos empfinden könnte – wenngleich längst nicht auf dem Niveau, das Modern Warfare 2 vorgelegt hat. So wird beispielsweise ein verwundeter Gegner als Köder für seine Kameraden benutzt, damit man nicht nur ihn, sondern gleich fünf weitere Gegner niedermähen kann. Solche Szenen werden stets gerne damit begründet, dass man lediglich die Grausamkeiten des realen Krieges ungeschönt darstelle. Wie man als Spieler dazu steht, sei jedem selbst überlassen. Den erhobenen Zeigefinger an der einen Hand, die Moralkeule in der anderen – das ist eine Rolle, die ich als Rezensent vehement ablehne, eine Diskussion wäre aber durchaus wünschenswert.